Das Lüftungsprojekt wurde durch Förderung des Ministeriums für Kultur- und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MKW NRW) ermöglicht. Die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft (DTHG) hat sich im Rahmen eines auf mehrere Monate angelegten Forschungsprojektes, intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Instrumente geschaffen werden können, um auch während einer Pandemie den Betrieb in Kultureinrichtungen wieder sicher aufnehmen zu können.
Angefacht durch öffentlich ausgetragene Diskussionen fokussierte sich der Blick einer verunsicherten Öffentlichkeit verstärkt auf den Zustand und die Beschaffenheit von RLT-Anlagen in Theatern und Konzerthäusern. Raumlufttechnische Anlagen bieten bei gut eingestellten Parametern einen größtmöglichen Schutz vor der Ansteckung mit Covid-19. Anlagenüberwachung, die geregelte Frischluftzufuhrt und Strömungsrichtungen von abzuführenden Luftmengen sind aufzunehmende Kenngrößen einer Bestandsaufnahme der Häuser.
Die Anlagen, meist nach den Hygieneansprüchen der VDI 6022 errichtet, bedurften einer Bestandssichtung, die sich aus den Anforderungen des optimalen Pandemieschutzes ergeben hat. Aus diesem Grund startete die DTHG das Lüftungsprojekt der DTHG.
Die Risiken hinsichtlich der Infektionsübertragung über Aerosole standen dabei im Mittelpunkt der Überlegungen. Den Betreibern, Behörden und Poltiker*Innen sollten umsetzbare und nachprüfbare Empfehlungen an die Hand gegeben werden. Entwickelt wurde für die Teilnehmer ein detaillierter Prüfbericht sowie damit verbundene Zertifikate, die einer teilnehmenden Einrichtung eine erfolgreiche Prüfung des lufthygienischen Zustands der Raumlufttechnischen Anlagen eines öffentlichen Raumes bescheinigen. So sollte perspektivisch bei einer Wiedereröffnung der Häuser das Vertrauen der Menschen gestärkt werden, dass das Risiko für eine Infektion während eines Aufenthaltes in kulturellen Einrichtungen minimiert ist. Insbesondere sollte damit auch die große Bedeutung raumlufttechnischer Systeme für hygienegerechte Wohlfühlatmosphäre in den Kulturorten unterstrichen werden.
Zugleich sollten eventuelle Optimierungspotentiale aufgedeckt und grundlegende Empfehlungen für mögliche Ertüchtigungsmaßnahmen bei kritischen Anlagenzuständen identifiziert werden.
Die Vorbereitungen für das Forschungsprojekt begannen im Dezember 2020. Zunächst wurde ein eigenständiges Cloud-basiertes Datenbanksystem geschaffen, welches die definierten Parameter für die Datenerfassung sowie Anforderungen an eine Auswertung abbildete. Die Angaben erfolgte durch die Institutionen selbst oder durch benannte technische verantwortliche Personen und in enger Zusammenarbeit mit dem Team der DTHG. Die Auswertung geschah durch den benannten Expertenkreis in raumweiser Einzelprüfung der Angaben. Die Datenerfassung sowie deren Auswertung erfolgte im Laufe von rund drei Monaten zwischen Januar und März 2021.
Zur öffentlichen Dokumentation einer raumweisen Prüfungen wurden Zertifikate entworfen, die an publikumsrelevanten Orten in Theatern aufgehängt werden können. Die systematische Datenerhebung ermöglichte außerdem auch statistische Auswertungen zum Zustand der Raumlufttechnischen Anlagen von Spielstätten insgesamt.
Insgesamt konnten bis zum offiziellen Projektabschluss von 26 Theatern und Konzerthäusern 115 öffentliche Räume, vorwiegend Zuschauerräume, Bühnen und Foyers, vollständig erfasst und untersucht werden. Diese erstreckten sich über 42 Gebäude. Die Teilnehmenden wurden gemeinsam mit dem Land NRW ausgewählt und umfassten Spielstätten des Landes in Form von verschiedenen repräsentativen Theatern, Opernhäusern sowie Konzerthäusern.
Als ein Hauptergebnis zeigte sich, dass von den 115 öffentlichen Räumen ca. 80% die Bedingungen für eine pandemiegerechte Lüftung erfüllen. Dieser hohe Prozentwert wurde erreicht, weil sich im Rahmen des Forschungsprojektes die betrachteten Personenangaben an den zuletzt für Veranstaltungen zugelassenen Vorgaben orientierten. So wurde im Durchschnitt eine pandemiebedingte Zuschauerauslastung von 30% betrachtet.
Weiter stellte sich heraus, dass 75% aller Räume RLT-Anlagen besitzen, die bereits älter als 25 Jahre sind. Auch wenn ein hohes Alter bei der individuellen Betrachtung kein Ausschlusskriterium war, deutet dieser hoher Wert auf einen signifikanten Modernisierungsrückstand hin.
Außerhalb der Beurteilung wurden außerdem auch 100 nicht-öffentliche Räume, wie beispielsweise Proberäume und Bühnenbereiche, vollständig erfasst. Rund ein Drittel dieser Räume besaßen dabei keine RLT-Anlage. Auch hier sollte bei zukünftigen Modernisierungsmaßnahmen nachgebessert werden, da nicht nur das Publikum im Fokus der Schutzmaßnahmen stehen sollte.
Insgesamt entstand im Verlauf des Projektes ein Erhebungs-, Überprüfungs- und Dokumentationskonzept zum Nachweis einer pandemiegerechten Lüftung von Räumen. Es ermöglichte eine praxisnahe und zeitlich schnell durchführbare Form der Ist-Zustand-Bewertungen. Diese soll in Zukunft zu einer konkreten Unterstützung für eine schnelle, begründbare und nachvollziehbare Wiedereröffnung bzw. Offenhaltung von Spielstätten in Pandemiezeiten werden.
Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt flossen beispielsweise auch in eine Überarbeitung der Förderrichtlinien der „Bundesförderung Corona-gerechte Um- und Aufrüstung von raumlufttechnischen Anlagen in öffentlichen Gebäuden und Versammlungsstätten“ des BMWi mit ein, dessen Programm bis 2024 rund 500 Mio. Euro zur Modernisierung von raumlufttechnischen Anlagen bereitstellt.